Der Nackte und der Mann im Frack

Der Dieb, der nicht zu Schaden kam

Toter zu verkaufen

Dem Zuschauer bietet sich der Einblick in ein italienisches Städtchen in den 50er-Jahren, wo er Zeuge von drei kleinen Geschichten wird, in denen Strassenkehrer auf einen nackten Botschafter stossen, ein Ehebrecher mit seiner Geliebten durch einen Einbrecher gestört wird und sich eine Pokerrunde um eine Leiche streitet.

Der Begriff Farce kommt ursprünglich aus der Küchensprache und benennt eine Füllung aus kleingehacktem Fleisch; so bezeichnet das Farcieren in der gehobenen Gastronomie auch heute noch das Füllen diverser Speisen. Daneben kann eine Farce auf eine lächerliche, belanglose Angelegenheit von scheinbarer, geheuchelter Wichtigkeit verweisen – beispielsweise, wenn durch geistloses Befolgen sämtlicher Richtlinien eine Unternehmung zur Farce gemacht wird.

In die Theatergeschichte hat der Begriff Farce erstmals in den mittelalterlichen Mysterienspielen als auflockernde Einlage durch ein kurzes, derb-komisches, satirisches Zwischenspiel Eingang gefunden. Ein komödiantisches Intermezzo also, in welchem durch Verkleidung, Verwechslung, Wortspielerei oder obszöne Sprache das Publikum zwischen den sakralen Belehrungen aufgeheitert wurde. In dem Sinne kann man die Farcen der spätmittelalterlichen Theaterliteratur zumindest in ihrer Funktion durchaus mit den heutigen Soaps und Sitcoms vergleichen, die durch schnelles Tempo, Pointenreichtum und ins Absurde drehende Situationskomik dem Sender ein werbefreundliches Umfeld schaffen.

Bis zur Aufklärung war die Tragödie dem Figurenpersonal der oberen Stände vorbehalten, während Figuren niederer Stände der Komödie zugeordnet wurden. Die Farce als Form der niederen Komik erscheint entsprechend als das Genre der untersten Stände, insbesondere der Dienerschaft. Man denke hier beispielsweise an die Handwerkerszene in Shakespeares „Sommernachtstraum“, wo die Handwerkertruppe mit ihrer dilettantischen Interpretation von „Pyramus und Thisbe“ unbeabsichtigtes Gelächter, Hohn und Spott bei der adligen Hochzeitsgesellschaft auslöst.

Verwandte Genres sind: Posse, Parodie, Satire und Karikatur, wobei diese oft in komplexer Art kombiniert werden; Burleske und Schwank enthalten eine stärkere Färbung der trivialen Komik, haben mit der Farce aber die Fokussierung auf alltägliche Situationen gemein; während Hanswurstiade und Commedia dell‘Arte sich hauptsächlich durch das ausgeprägte Improvisieren von der Farce unterscheiden. Die Dramatik entwickelt sich in der Farce hauptsächlich durch Verstösse gegen die gesellschaftliche Moral, meist aus menschlichen Schwächen wie Eitelkeit, Naivität, Käuflichkeit, Triebhaftigkeit, Borniertheit oder Verlogenheit. Um der drohenden Entlarvung zu entkommen, verstricken sich die Figuren dabei in immer aberwitzigere Situationen und absurdere Lügengeschichten, da ihnen die Charakterstärke fehlt, ihre „Entgleisungen“ zuzugeben oder gar zu rechtfertigen.

Nicolai Richter